Was tun bei einer Hausdurchsuchung???
Was tue ich wenn Vater Staat mich besuchen will – eine theoretische und praktische Kurzanleitung für erfolgreiches Durchstehen einer HD.
Inhalt:
Teil I: Theorie und Praxis der Hausdurchsuchung
Teil II: Erfahrungsprotokoll
Teil III: Zusammenfassung für Notfälle
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TEIL I – THEORIE UND PRAXIS DER HAUSDURCHSUCHUNG
Zuerst ein wenig Theorie: Die Freiheit des Bürgers wird durch Gesetze begrenzt, also durch „das Recht“ festgelegt. Das bedeutet, dass keine Staatsgewalt im Widerspruch zum schriftlich festgelegten Gesetz handeln darf. Dass dies nicht immer so ist, liegt auf der Hand, aber bevor du Dich dagegen wehren kannst, musst du erst erkennen wo gültiges Recht überschritten wurde - hier gilt Wissen ist Macht. Für Juristen unter Euch, uns wird hier am meisten das Grundgesetz (Art.13) und die Strafprozessordung (StPO, Par.110) interessieren.
Wie oben bereits geschrieben, garantiert der Staat per Gesetz jedem Buerger sein Recht. Wenn sich also jemand (eine Privatperson oder eine Firma) in seinen Rechten verletzt meint (Diebstahl, Erschleichen von Dienstleistungen, Sach- Beschädigung etc.), hat er das Recht den vermeintlichen Verursacher bei der Polizei, oder der Staatsanwaltschaft anzuzeigen; wenn der Verursacher nicht bekannt ist, kann Anzeige „gegen unbekannt“ gestellt werden.
Jetzt kommt der Staat zum Zug. Er kann ein Ermittlungsverfahren (EV) einleiten oder auch nicht. Damit wir schneller vorankommen, nehmen wir an ein Ermittlungsverfahren ist eingeleitet worden.
Das EV hat zum Zweck hinreichende Beweise zu finden, um eine Anklage vor Gericht zu erheben, denn ohne einen Schuldspruch des Richters kann der tatsächliche Verursacher nicht zur Verantwortung gezogen werden (auch hier Prinzip des Rechtsstaats). Während des EV hat der Staat (Polizei, Kripo) eine ganze Palette an Mitteln um den oder die Verursacher zu finden und/oder zu überführen. Er kann abhören, beschatten, verdeckte Ermittler einsetzen oder auch eine Hausdurchsuchung beim vermeintlichen Verdächtigen oder einem seiner vermeintlichen Komplizen anordnen.
Da sind wir also endlich beim interessanten Teil angelangt. Wann sind in einem EV genug Beweise/Hinweise gefunden wurden, dass einer Hausdurchsuchung stattgegeben wird? Leider, leider: sehr, sehr schnell. Schon wenn einer bei einer Vernehmung sagt, dass er gehört hat dass jemand mal mit dem aktuellen Fall irgendwie zu tun hatte, kann das schon für einen Hausdurchsuchungsbefehl reichen. Es gibt auch Fälle, in denen einfach eine aufgeschriebene Telefonnummer, die zusammenhangslos bei einer Hausdurchsuchung gefunden wurde schon zu einem Besuch der Kripo geführt hat. Grundsätzlich: Schon der kleinste, nichtigste Anhaltspunkt kann von den Beamten dem Richter so vorgeführt werden, dass er den Wisch ausstellt! Also wiegt Euch nicht in Sicherheit - es kann jeden immer treffen! In besonders krassen Fällen, wo der Verfassungsschutz z.B. linke Buchläden observiert hatte, wurden Menschen gezielt observiert und abgehört (und später selbstverständlich durchsucht) die sich auch nur 2x dort haben blicken lassen. Die Hausdurchsuchung (im Weiteren mit HD abgekürzt), hat zum Ziel Beweise oder Indizien für die Aufklärung einer Straftat und eine evtl. folgende Anklage zu finden. Ihr Ziel ist es *nicht* den Bürger einzuschüchtern, deswegen gilt im Falle einer HD: KEINE PANIK! Eine Hausdurchsuchung ist nichts Schlimmes!
Kommen wir zur Praxis und dem Ernstfall. Mit Schreien (z.B. Deine Freundin etc.), Toben, Brüllen und mit aggressivem wie ohnmächtigem Verhalten machst du es nur den Polizeibeamten (meistens in zivil) schwer, ihrer langweiligen Routinearbeit nachzukommen. Beeindrucken kannst Du sie damit nicht, sie werden ihren Job trotzdem tun. Jetzt gilt es, klaren Verstand zu bewahren und keine unnötigen Fehler zu machen (am besten wenn Du Deine Mitbewohner [Familie etc] im voraus aufgeklärt hast, dazu aber später). Hinzu kommt, dass Du Dich gegen eine rechtmäßige HD nicht wehren kannst, sondern Du musst sie erdulden. Eine Hausdurchsuchung an sich ist eine Verletzung Deines grundgesetzlich garantierten Rechts auf Privatsphäre (GG Art.13, Abs. 1, Wortlaut: „Die Wohnung ist unverletzlich“). Die Polizei darf also auf keinen Fall nach Gutdünken Deine Wohnung betreten. Wenn die Beamten das unrechtmäßig tun würden, würden sie sich selbst des Hausfriedensbruchs strafbar machen. Da jeder Eingriff in ein Grundrecht nur durch den Richter erfolgen darf, muss jede HD erst durch einen Richter angeordnet werden. Er stellt den Hausdurchsuchungsbefehl (HDB) aus, der der Polizei die Befugnis gibt entsprechend aufgezählte Lokalitäten (Zimmer, ganze Wohnung, Garage, Dachboden, Fahrzeug, Haus) nach Beweisen zu durchsuchen. Eine Ausnahme, die s.g. „Gefahr im Verzug“, tritt ein, wenn der Umweg über den Richter einen nicht „wiedergutzumachenden Zeitverlust“ für die Strafverfolgung bedeuten würde, sei es, dass ein Gefangener in Deine Wohnung flüchtet oder in Deiner Wohnung vermutete Beweise schon wenige Stunden später beiseite geschafft sein könnten - in diesem Fall darf die Polizei ohne Durchsuchungsbefehl handeln (wohlgemerkt, es handelt sich um eine Ausnahme, die gut begründet werden muss).
Aber auch der Durchsuchungsbefehl ist kein Persilschein für die Polizeibeamten. Sie sind an strenge Bestimmungen gebunden, z.B. sind nachts Durchsuchungen verboten! Die Nachtzeit ist wie folgend definiert: 1. April - 30. September: 21:00 - 4:00 und 1. Oktober - 31. März: 21:00 - 6:00. Natürlich gilt auch hier die Ausnahme für „Gefahr im Verzug“. Wenn also die Staatsgewalt an der Tür klingelt, fragst Du nach dem Hausdurchsuchungsbefehl. Wenn sie einen haben, LIEST DU IHN DIR GENAU DURCH. Die Beamten warten währenddessen VOR der Tür. Aus der Lektüre erfährst Du welche Räume durchsucht werden dürfen, und welchen Zweck die Durchsuchung hat. So kannst Du während der Durchsuchung KONTROLLIEREN ob sich die Beamten an die ihnen durch den Richter übertragenen Befugnisse halten. Du hast das Recht alles für Dich zu protokollieren, auch wenn es nur für Dich ist, ist es manchmal hilfreich. Wenn die Polizei wider Erwarten keinen schriftlichen HDB hat (bei „Gefahr im Verzug“), hast Du das Recht zu erfahren welcher Tat Du verdächtigt wirst und zu welchem Zweck die HD stattfinden soll. Lasse Dir ferner den Einsatzleiter benennen und von den durchsuchenden Beamten den Dienstausweis zeigen.
AUF KEINEN FALL DARFST DU DEINE MUENDLICHE ZUSTIMMUNG ZUR DURCHSUCHUNG GEBEN! Wenn Du das tust dann hast Du, als freier Bürger, Dich mit dem Eingriff in Dein Grundrecht einverstanden erklärt und die Beamten haben sich aller Formalien elegant entledigt, obwohl sie keinen HDB hatten. Wenn Du also keinen Durchsuchungsbefehl präsentiert bekommst musst Du LAUT UND DEUTLICH DER DURCHSUCHUNG WIDERSPRECHEN. Falle nicht auf die Masche herein: „Sie haben doch nichts dagegen, dass wir uns etwas im Haus umsehen?“ oder ähnliches. Wenn die Beamten trotzdem eine HD durchführen wollen, so müssen sie das gegen Deinen Willen tun, das kann sich später als ein Vorteil für Dich erweisen. Das ist auch ein Punkt wo Du Deine Wohngemeinschaft aufklären solltest - für den Fall, dass Du nicht daheim bist. Wie Du siehst, kannst Du bereits hier eine potentielle Durchsuchung abblocken. Du solltest, wie die Staatsgewalt auch, bei allem höflich aber entschieden bleiben.
Nächster Schritt: was dürfen die Beamten während der HD mit Deiner Wohnung anstellen? Grundsätzlich dürfen sie nur das was im HDB steht, insbesondere nur aufgezählte Räumlichkeiten durchsuchen. Aufräumen müssen sie allerdings nicht, sie dürfen aber keine Sachen beschädigen. Du hast das Recht bei jeder Unklarheit nachzufragen und die Beamten, an den durch den Richter gestellten Rahmen, zu erinnern. Davon solltest Du bei Bedarf Gebrauch machen (was stand im HDB vs. was tun die Beamten?)! Lass Dich nicht voreilig entmündigen. Vor allem hast Du das Recht eine (oder mehrere) durch Dich bestimmte Person(en), als Zeugen bei der Durchsuchung hinzuzuziehen, z.B. einen Nachbarn. Wenn kein Staatsanwalt bei der HD dabei ist (normal), dann muss ein Zeuge dabei sein.
Oft machen sich es die Beamten einfach und benennen einen Mitarbeiter als Zeugen. Seltsamerweise durchsucht er aber ebenfalls - was man sich nicht bieten lassen sollte. Fragt wer bei der Durchsuchung als Zeuge hinzugezogen ist und dann schreitet ein wenn er sich beteiligt! Wenn sie einer zu wenig sind brauchen sie länger und es kostet sie mehr Nerven - was dazu führt das sie die Lust verlieren und nicht alles oder nicht so gründlich durchsuchen (Praxiserfahrung)
Weiter sind Deine Freiheitsrechte während der Durchsuchung NICHT eingeschränkt, d.h. Du darfst Dich in der Wohnung FREI bewegen und telefonieren, z.B.: Deinen Anwalt oder Freund anrufen. Die Kripo sagt gerne „Bitte setzen Sie sich hier hin und verhalten Sie sich ruhig“ damit man im Auge der Beamten bleibt und nicht heimlich etwas beseitigen kann und sie nicht stört - wehre Dich dagegen, beziehe Dich auf die StPO!
Zettel und Notizen: die Beamten dürfen zwar alle Gegenstände und Schriftstücke in der Wohnung *sichten* aber keine Schriftstücke *lesen* (Schutz der Privatsphäre). Sollten sie das widerrechtlich doch tun, sagst Du einfach „Entsprechend Paragraph 110 der Strafprozessordung verbiete ich Ihnen alle gefundenen Schriftstücke zu lesen.“ Nur der Staatsanwalt darf sie lesen und auswerten. Vorsicht, wenn Du die Beamten nicht selbst auf dieses Verbot hinweist, werden sie später sagen du wärest stillschweigend mit ihrer Handhabe einverstanden.
Beachte hier, dass die meisten Staatsanwälte weit weniger Verständnis von Computer-relevantem Material haben als inzwischen eintrainierte Durchsuchungsbeamte. Lass sie keine Sortierarbeit für den Staatsanwalt - und zu Deinem Nachteil - machen! Schließlich kannst Du darauf bestehen, dass alle Papiere in Deinem Beisein versiegelt werden (empfehlenswert). Es hat zudem den Vorteil, dass Du beim Brechen des Siegels vom Staatsanwalt selbst anwesend sein musst, was hilft, die Auswertung der Durchsuchung zu verzögern. Im Falle dass die Durchsuchungsbeamten keinen HDB hatten, darfst Du nach der Durchsuchung eine schriftliche Mitteilung, die den Grund und die verdächtige Straftat enthält, verlangen. Neben dieser wird auf jeden Fall ein Protokoll mit allen Daten (Personalien, Zeit, Liste beschlagnahmter Gegenstände) erstellt. Die Beamten verlangen meistens später Deine Unterschrift darunter - dazu bist Du aber gesetzlich NICHT verpflichtet. DU UNTERSCHREIBST NICHTS! Auf jeden Fall hast Du das Recht das Schriftstück sorgfältig durchzulesen und eine Erklärung nach allem zu verlangen, was Du nicht auf Anhieb verstehst. SEHR WICHTIG: Auf dem Protokollblatt werden an einigen Stellen Kreuze gemacht, die aussagen, ob der Hausherr mit der HD einverstanden war oder nicht und ob die mitgenommenen Gegenstände *freiwillig herausgegeben* wurden oder erst *beschlagnahmt* werden mussten. ACHTE DARAUF, dass die Kreuze bei „NICHT EINVERSTANDEN“ und „NICHT FREIWILLIG“ stehen! Das ist Deine größte Chance die beschlagnahmten Gegenstände jemals wiederzubekommen!
Wichtig ist vor allem aufzupassen, was der leitende Beamte sagt! Es wird auf jeden Fall bei der Überreichung des Zettels zum Unterschreiben der Satz kommen „Machen Sie hier ein Kreuz und unterschreiben Sie da.“ - falle nicht darauf herein! Im Allgemeinen beim Umgang mit der Staatsgewalt, also auch hier gilt: alles was Du den Polizeibeamten erlaubst, ob freiwillig oder aus Deiner eingeschüchterten Lage heraus und angesichts der geballten Staatsmacht, braucht keiner Rechtfertigung der Polizeibeamten, also auch keiner nachträglichen richterlichen Überprüfung. Falsches Zuvorkommen ist hier fehl am Platze und bringt Dir keinerlei Vorteile! Um noch mal zu unterstreichen: wenn die Durchsuchung ohne Durchsuchungsbefehl stattfindet wirst Du sogar ausdrücklich gefragt, ob Du mit der Mitnahme (Sicherstellung) der Gegenstände einverstanden bist - DIES MUSST DU UNBEDINGT VERNEINEN.
Diese Haltung solltest Du während der gesamten Durchsuchung beibehalten, um keine Missinterpretationen Deines (nonverbalen) Verhaltens zuzulassen! Was die evtl. mitgenommenen Gegenstände angeht, bestehe darauf, dass alles auf der Liste genauestens und differenziert beschrieben ist! Um direkt aus einem Rechtsberater zu zitieren: „Der Betroffene hat KEINE Veranlassung, den Polizeibeamten die Mühe zu ersparen, die einzelnen Gegenstände und den Fundort in der Wohnung so exakt wie möglich zu beschreiben.“ Das ist nicht immer einfach, aber das Gesetz ist hier eindeutig auf Deiner Seite!
Nach der Durchsuchung empfiehlt sich, dass Du sofort, nachdem die Beamten gegangen sind, Deinen Anwalt anrufst, damit er Einspruch gegen die Durchsuchung einlegen kann. Sage, dass Du z.B. Deinen Computer für Deine Arbeit dringend benötigst. Nimmst Du Dir keinen Anwalt, erhältst Du a.) keine Akteneinsicht (weißt also nicht wie sie auf Dich gekommen sind - sowie was sie bei Dir gefunden haben) und b.) kann es sein, dass Du das beschlagnahmte Material nie mehr wieder siehst. Nimm Dir einen Anwalt – es ist allemal besser als das Deine Sachen irgendwo als Beweise für Jahre verschwinden. Sollte es zu einem Verfahren kommen brauchst Du auf jeden Fall einen Anwalt.
Ein paar Worte noch zur Aufklärung Deiner Familie. Viele von Euch leben noch bei den Eltern oder in Wohngemeinschaften. Du musst jederzeit mit einer Durchsuchung rechnen, auch wenn Du nicht zu Hause, z.B. verreist, bist. Wenn Du bereits eine HD hinter Dir hast, kann jederzeit eine weitere folgen. Beim begründeten Anfangsverdacht, musst Du leider mit allem rechnen. Sag Deinen Mitbewohnern, wie sie sich bei einer HD richtig verhalten sollen. Du kannst z.B. einen Zettel mit Tipps an einem bekannten Ort in der Wohnung deponieren, niemand weiß sonst, wie er sich im Notfall verhalten wird. Langfristige mentale Vorbereitung ist notwendig. Abschließend ist noch zu sagen, dass du Dich auf GAR KEINEN Handel mit der Polizei einlässt! Du machst keine Teilgeständnisse, erzählst von keinen Freunden, keinen Telefonnummern, Du sagst gar nichts! Wenn Dich während der Durchsuchung z.B. ein Beamter fragt „Woher haben Sie diese CD?“, dann antworte nicht, denn ab einer bestimmten Anzahl von Beamten die Deine Antwort hören, gilt Deine Antwort bereits als gemachte Aussage! Die Polizeibeamten sind psychologisch geschult, von Ablenkungsmanövern o.Ä. wird dringend abgeraten! Tatsache ist, dass die Polizei keine Befugnisse hat Dir Handel vorzuschlagen oder Vorteile zu versprechen oder gar zu garantieren. Ihre Zusagen sind null und nichtig! Das Gegenteil ist der Fall. Sie dürfen alle erlaubten Mittel anwenden um Beweise zu finden um Dich zu überführen. Also, ganz klare Sache, keine „Verhandlungen“ mit der Polizei! Sag ihnen von Anfang an sie sollen mit Deinem Anwalt reden und nicht mit Dir. Die Beamten können Dir keinerlei Vergünstigungen zugestehen - sie können nämlich gar keine machen. Das kann und darf nur der Staatsanwalt. Also nichts anderes als eine unfaire Methode doch ein Geständnis von Dir zu bekommen.
TEIL II – ERFAHRUNGSPROTOKOLL
„Ich wache auf, weil jemand an der Tür rüttelt. Ich denke: Einbrecher! Dann ein kurzes Klingeln und ehe ich ganz wach bin und aufstehen kann, sind sie schon da. Ein Rollkommando der Polizei mit Maschinenpistolen im Anschlag steht um mein Bett herum. Sofort fallen mir Zettel ein, Adressenlisten, Bücher, die verboten sein könnten. Immer dieses verdammte schlechte Gewissen. Sehe ich einen Polizisten auf mich zukommen, überlege ich sofort, ob ich irgendetwas falsch gemacht haben könnte. Vielleicht sind wieder Schriften von Person X, Y oder Z verboten worden – einen Moment scheint mir alles möglich. Dann komme ich wieder zu mir und frage, warum sie bei mir Hausdurchsuchung machen. „Hier sind wir es, die Fragen stellen, das werden sie schon früh genug erfahren.“ Nun möchte ich den Durchsuchungsbefehl sehen. „Durchsuchungsbefehl?“, sagt einer höhnisch, „den brauchen wir nicht, Gefahr im Verzug.“ Einer bewacht das Telefon, und als ich verlange, mit meinem Anwalt zu telefonieren, heißt es „das könne ich später tun“. Sie benehmen sich so, als ob ich froh sein müsste, von ihnen überhaupt eine Antwort zu erhalten. Jeder einzelne von ihnen ein kleiner Machthaber. Aber wahrscheinlich haben sie selber Angst, vermuten ein Waffenlager oder so etwas, fühlen sich in Feindesland. Als würden sie erwarten, daß ihnen jeden Augenblick ein Partisan in den Rücken springt. Sie holen alle Bücher aus den Regalen herunter, wühlen in Zeitschriften, in Archiven, alten Fotomappen, persönlichen Briefen. Der Herr in Zivil, wohl der Staatsanwalt, will wissen, wer denn das auf dem Bild sei, von wem ich denn so viele Briefe bekomme. Als er keine Antwort bekommt, zeigt er auf die Tür eines etwas abgelegenen Zimmers, in dem eine Freundin wohnt, deren Namensschild auch an der Tür hängt. Er fragt, wessen Zimmer das sei. Ob er darauf eine Antwort erwartete weiß ich nicht. Jedenfalls wollen sie mir jetzt wohl zeigen, was eine Harke ist. Sie brechen auch dieses Zimmer auf, reißen überall die Laken aus den Betten, heben die Matratzen hoch, zerren die Platten aus den Hüllen, in der Küche das ganze Geschirr aus den Regalen, das Besteck dazu und kippen zur Krönung noch Marmelade drüber. Sie stampfen durch die Wohnung, als wären sie hier zu Hause und machen einen Lärm, daß mir Angst und Bange wird. Die Nachbarn könnten sich aufregen und der Hauswirt uns kündigen. Endlich sind sie fertig. Ich bestehe darauf, daß ein Protokoll gemacht wird und bin froh, als sie wieder weg sind.“
Erneute Zusammenfassung: Die Polizei stürmt Deine Wohnung bei Tag und Nacht, wie und wann sie will. Gefahr im Verzug ist immer. Zeugen sind „leider“ nie erreichbar. Anwalt? Was wollen sie denn mit dem? Hilft nur noch eins: Die ganze Aktion wie einen Heuschreckenschwarm über sich ergehen lassen, damit der Schaden möglichst gering bleibt. Das kostet Nerven. Diesen Aufwand an Angst und Nervenkraft kannst Du gering halten, wenn Du folgendes berücksichtigst: Es gehört zur Taktik der Polizei, Durchsuchungen zu einer Zeit durchzuführen, in der Du am wenigsten damit rechnest und am wenigsten widerstandsfähig bist. Auf diese Weise erhofft man sich Angstreaktionen von Dir, die als Ermittlungshinweise für die Polizei wertvoll sein könnten. Also kommt man am frühen morgen vor dem Aufstehen. Es klingelt oder klopft an der Tür zu einer Zeit, in der nur gute Bekannte zu Dir wollen. Die Beamten stürzen schwer bewaffnet in unbegreiflichen Mengen an Dir vorbei und besetzen alle Räume in der Wohnung. Du siehst Uniformen neben Deinen Bett, Maschinenpistolen in der Küche, und wenn Du aufs Klo willst, musst Du erst einen Beamten verscheuchen. Deine Wut wird durch Deine Ohnmacht gesteigert. Deine Hilflosigkeit macht Dir Angst. All diese Reaktionen stärken die Gegenseite. Mach Dich von Deinen inneren Zwang frei, indem Du Widerstand leistest. Äußere Empörung über Zweck und Recht der Aktion. Auch hier gilt: Nichts sagen! Auch wenn man die Aktion dadurch verlängert, Du bist rechtlich nicht verpflichtet zu helfen. Am besten ist, wenn Du Dir in einer ruhigen Stunde mal überlegst, wie Du im Falle einer Durchsuchung reagierst. Dann bist Du mindestens gedanklich darauf vorbereitet und kannst Dich zu einer angemessenen Reaktion zwingen, da Du nicht lange nachzudenken brauchst. Versuche so zu reagieren, als geschehe das jeden Tag. Gib den Beamten nicht die Gelegenheit, sich daran zu weiden, wie Du Dich vor ihnen in Deinem Bett oder Nachtgewand schämst. Wenn sie schweinische Bemerkungen machen, so gehe nicht darauf ein. In diesem Sadismus legen sie es oftmals gerade darauf an, Dich zu provozieren. Gib ihnen nicht die Ehre, in diesem provozierenden Spiel ihr Partner zu sein. Betrachte sie wie geschlechtslose Wesen, vor denen sich zu schämen überflüssig wäre. Womöglich ist es gerade ihre Angst vor dieser Geschlechtslosigkeit, die sie mit ihren Provokationen töten wollen. Du bist der Überlegene, wenn Du Dich nicht darauf einlässt. Geh in die Küche und koche Dir einen Kaffee. Versuch nicht etwas „zu retten“. Das geht meistens schief. Auf solche Reaktionen ist die Polizei vorbereitet. Darin hat sie Erfahrung. Das lernt sie bereits auf der Polizeischule. Nach zwei Stunden spätestens sind sie wieder weg. Dann ist der Spuk vorbei und Du bist eine Erfahrung reicher. Allerdings ist für Deine persönliche Ruhe einiges zu beachten:
+ Verliere nie den Überblick über Sachen, die in Deiner Wohnung sind.
+ Bewahre keine Sachen auf, die nicht unbedingt für Dich von Bedeutung sind.
+ Lege keine Korrespondenzarchive an.
+ Mach Dich frei von Souvenir- und Dokumentenfetischismus
Es gibt Kameraden, die schon jetzt dafür arbeiten, daß die spätere Geschichtsforschung möglichst lückenlos Material über unsere Aktivitäten erhält. Wer Adressen, Waffen usw. in seiner Wohnung aufbewahrt, zeigt damit, daß er nur noch in einer Hinsicht ernst zu nehmen ist: Als Gefahr für seine Kameraden und sich selbst. Hausdurchsuchungen kommen plötzlich. Sie kündigen sich nicht durch Sternzeichen und andere geheimnisvolle Zeichen an. Lass Dich nicht überreden, für Unbekannte oder „gute Freunde“ Sachen in Deiner Wohnung unterzustellen, von denen Du nicht beurteilen kannst, wozu sie gut sind oder woher sie stammen. Nicht selten folgt solchen Provokationen die „fündige Hausdurchsuchung“ auf dem Fuße. Das ganze klingt, als sei das Ertragen einer Hausdurchsuchung ein Kinderspiel. Das ist es ganz bestimmt nicht. Kaltschnäuzigkeit und besonnen zu bleiben kostet eine Menge Energie. Es ist nicht einfach, wenn Du zusehen musst, wie die Beamten mit zynischen Bemerkungen Deine Sachen durchschnüffeln, oder wie sie Sachen behandeln, die Dir wertvoll sind. Sie werfen Deine Bücher auf die Erde und schütteln sie, daß die Seiten fliegen. Es ist vorgekommen, daß sie Lebensmittel auf den Fußboden ausschütten. Wer sich später dagegen erfolgreich zur Wehr setzen will, ist meist in Beweisschwierigkeiten. Sieh zu, daß es Leute gibt, die wissen in welchen Zustand Deine Wohnung sich gewöhnlich befindet und wie aufgeräumt sie ist. Wenn Du Kinder hast, überlege Dir jetzt schon einmal, was Du mit ihnen tust, falls die Polizei kommt. Die Angst, in so einem Fall allein zu sein oder nicht zu wissen wohin, stärkt die Gegenseite gewaltig. Übrigens: Die Polizei kommt manchmal mehrmals hintereinander, weil sie denkt, man sei so blöd und hole nach überstandener Gefahr jetzt all die gesuchten Sachen hervor. Auch das ist Routine und darf Dich nicht aus der Fassung bringen.
Teil III – ZUSAMMENFASSUNG FÜR NOTFÄLLE
Verhalten vor einer Hausdurchsuchung
1. Wenn Sie keinen Waffenschein besitzen, lagern Sie in Ihrer Wohnung keinen waffenscheinpflichtigen Waffen.
2. Lagern Sie in ihrer Wohnung keine Mehrfachexemplare von Büchern, Flugblättern, Aufklebern, Fahnen oder Gegenständen mit Hakenkreuzen, SS- Runen, Hitlerbildern und anderen verfassungswidrigen Kennzeichen bzw. solchen, die den verfassungswidrigen Kennzeichen zum Verwechseln ähnlich sind! Behalten Sie nur ein einziges der genannten Gegenstände - dies ist erlaubt.
3. Lagern Sie in Ihrer Wohnung keine Mehrfachexemplare von Büchern, Zeitschriften, Flugblättern, Aufklebern und sonstigen Schriften mit volksverhetzendem Inhalt! Behalten Sie nur jeweils ein einziges Stück – dies ist erlaubt.
4. Um andere Personen nicht ungewollt in Unannehmlichkeiten zu verwickeln, sammeln Sie nicht unnötig Anschriften, Karteien usw. Heben Sie nicht unnötig Briefe, Bestellungen, Rechnungen, Spendenbelege usw. auf.
5. Denken Sie daran, daß bei einer Hausdurchsuchung nicht nur Ihre Privatwohnung durchsucht wird, sondern auch ihre Geschäftsräume, Nebengebäude, Ställe, Gartenhäuser und Pkws.
Verhalten während einer Hausdurchsuchung
1. Bewahren Sie Ruhe.
2. Lassen Sie sich durch die Beamten nicht einschüchtern.
3. Leisten Sie lieber eine Unterschrift zu wenig als eine zu viel. Äußern Sie sich nicht gegenüber den Beamten, und zwar insbesondere nicht zu der Ihnen vorgeworfenen Straftat. Verweigern Sie die Aussage.
4. Beschimpfen Sie die Beamten nicht, sonst könnte ein Strafverfahren wegen Beleidigung gegen Sie eingeleitet werden. Leisten Sie außerdem keinen Widerstand gegen gesetzlich zulässige Maßnahmen der Polizei, sonst könnte ein Strafverfahren wegen Widerstandes gegen die Vollstreckungsbeamten gegen Sie eingeleitet werden.
5. Lassen sie sich vor der Durchsuchung die Dienstausweise aller Polizeibeamten und des anwesenden Staatsanwaltes bzw. Richters zeigen. Wenn die Beamten dies verweigern, verweisen Sie darauf, daß Sie die Beamten nicht persönlich kennen, und daß in der heutigen Zeit sich Kriminelle häufig als Polizisten, Gasmänner usw. ausgeben. Bestehen Sie daher auf der Vorlage der Ausweise. Lesen Sie diese dann genau durch.
6. Merken Sie sich die Namen der Beamten.
7. Verneinen Sie die Frage der Beamten, ob diese in die Wohnung hereinkommen dürfen. Die Beamten müssen dann nämlich den sogenannten „Durchsuchungsbefehl“ vorlegen, die Anordnung des Richters oder des Staatsanwaltes oder der Polizei (siehe hierzu § 105 StPO). Der Durchsuchungsbefehl hat zu erhalten:
+ die Straftat, meist eine Bestimmung des Strafgesetzbuches
+ die Tatsache, aufgrund derer durchsucht wird, die Sache oder Personen, nach denen gesucht wird,
+ die Räumlichkeiten, die durchsucht werden sollen und zwar alles so genau wie möglich.
Ein Durchsuchungsbefehl ist nur entbehrlich bei Vorliegen von „Gefahr im Verzug“. Wenn sich die Beamten darauf berufen, bestehen Sie darauf, daß Ihnen erklärt wird, worin diese Gefahr liegen soll.
8. Lassen Sie sich vor der Hausdurchsuchung den Durchsuchungsbefehl zeigen. Lesen Sie ihn genau durch. Gewähren Sie den Beamten nur zu den Räumen Zutritt, die in dem Durchsuchungsbefehl aufgeführt sind.
9. Fragen Sie ob sich die Durchsuchung gegen Sie als Verdächtigen (dann gilt § 103 StPO). Im letzteren Falle haben die Beamten einen noch engeren Handlungsspielraum.
10. Fragen Sie welche Gegenstände die Beamten suchen. Es ist zu überlegen, ob Sie die gesuchten Gegenstände freiwillig herausgeben, damit die Beamten die Polizei in Ihrer Wohnung nicht noch so genannte „Zufallsfunde“ macht, d.h. Gegenstände findet, die mit der Hausdurchsuchung in keinem Zusammenhang stehen, aber auf eine andere Straftat hinweisen (§ 108 StPO).
11. Rufen Sie sofort einen Rechtsanwalt oder einen Freund an und bitten Sie diesen, sofort zu Ihnen zu kommen.
12. Widersprechen Sie der Durchsicht Ihrer Papiere, also z.B. von Briefen, Fotoalben, Tagebuchaufzeichnungen, Tonbändern usw. – Bücher, Zeitungen, Flugblätter etc. sind jedoch keine Papiere in Sinne des § 110 StPO. Die Papiere dürfen dann nur vom Staatsanwalt gelesen werden und müssen hierzu ggf. versiegelt werden (§ 110 StPO).
13. Achten Sie darauf, dass ein genaues Verzeichnis der beschlagnahmten und in Verwahrung genommenen Gegenständen erstellt wird (§§ 107 und 109 StPO). Das Verzeichnis muß ähnlich genau sein wie der Durchsuchungsbefehl. Die bloße Angabe von z.B. „Beschlagnahmt wurden 3 Bücher“ genügt nicht, vielmehr muß jeweils Titel und Verfasser festgehalten werden.
14. Verlangen Sie nach Beendigung der Hausdurchsuchung eine Abschrift des unter Ziffer 12) genannten Verzeichnisses und ein Protokoll (§ 107 StPO).
Wenn die Polizei Ihren Forderungen nicht nachkommt, verlangen Sie den sofortigen Abbruch der Hausdurchsuchung und lassen dies in das Protokoll aufnehmen.
Rechtsverstöße bei einer Hausdurchsuchung
Rechtsverstoß 1: Es ist rechtswidrig, wenn die Beamten ihre Dienstausweise nicht zu Beginn der Hausdurchsuchung vorlegen.
Rechtsverstoß 2: Es ist rechtswidrig, wenn die Hausdurchsuchung durchgeführt wurde ohne Ihre Einwilligung und ohne das Vorliegen von „Gefahr im Verzuge“.
„Gefahr im Verzug“ liegt vor, wenn ein richterlicher Hausdurchsuchungsbefehl nicht eingeholt werden kann, ohne dass der Zweck der Hausdurchsuchung gefährdet werden würde. Das heißt, dass die Hausdurchsuchung eilbedürftig sein und verhindern soll, dass Beweismittel vernichtet oder beiseite geschafft werden. Die Rechtsprechung hat beispielsweise entschieden, dass Gefahr im Verzug nicht vorliegt, also eine Hausdurchsuchung rechtswidrig ist, wenn:
- die Polizei nur allgemein vermutet, dass in der Wohnung noch Beweismittel vorhanden sind und dass der Beschuldigte dies beseitigt, ohne dass hierfür irgendwelche Anhaltspunkte bestehen (LG Osnabrück, Urteil vom 26.11.1990, Az. 133s 13349/90 KLs, zu finden in Strafverteidiger 1991, 152 f).
- die Staatsanwaltschaft den Erlaß eines richterlichen Hausdurchungsbefehls bewußt deswegen umgeht, weil der Beschuldigte über eine überwachte Telefonleitung keine Gespräche geführt hatte, so dass die Staatsanwaltschaft bei Gericht eine „undichte“ Stelle vermutete (LG Darmstadt, Beschluß vom 12.08.1993, Az. 3 Qs 360/ 9, zu finden in Strafverteidiger, 1993, 573 f).
Rechtsverstoß 3: Es ist rechtswidrig, wenn zwar ein Hausdurchsuchungsbefehl erlassen wurde, dies aber willkürlich und unverhältnismäßig war.
Die Rechtsprechung hat beispielsweise entschieden, dass ein Hausdurchsuchungsbefehl willkürlich und unverhältnismäßig, dass die Hausdurchsuchung also rechtswidrig ist wenn:
- ein Hausdurchsuchungsbefehl gegen ein Unbeteiligten erlassen wurde, nur weil er mit einem Beschuldigten ein gemeinsames Postfach unterhalten hatte, ohne dass Anhaltspunkte für eine konkrete Tatbeteiligung des Unbeteiligten bekannt waren (BverfG, Beschluß vom 23. 06. 1990, Az. 2 BVR 417/88, zu finden in NJW 1991, 690 f).
- eine Hausdurchsuchung beantragt wurde aufgrund der Aussage einer Zeugin, die ein Jahr vor der Beschuldigte drei Handgranaten gekauft hätte (LG Fürtsenwalde, Beschluß vom 30. 11. 1993, Az. 4 Gs 26 Js 79/92(81/83)
Rechtsverstoß 4: Es ist rechtswidrig, wenn der Hausdurchsuchungsbefehl zu ungenau ist. Die Rechtssprechung hat beispielsweise entscheiden, dass ein Hausdurchsuchungsbefehl zu ungenau und daher rechtswidrig ist, wenn er nur den folgenden Inhalt hat: „In dem Ermittlungsverfahren gegen X wegen Volksverhetzung wird die Durchsuchung der Wohnung und anderen Räumen in der XY-Straße in Z angeordnet, weil nach den bisherigen Ermittlungen zu vermuten ist, dass die Durchsuchung zur Auffindung von Beweismitteln führen wird“.
- Es fehlt hier die Angabe des Grundes (Wohnraum? Geschäftsraum? Gartenhaus?)
- Es fehlt weiter die Angabe warum der Betroffene der Volksverhetzung beschuldigt wird (hat er ein Flugblatt verteilt? Welches?)
- Schließlich fehlt die Angabe nach welchen Beweismitteln gesucht wird (Bücher? Schriften? Flugblätter?). (BverfG, Beschluss vom 26.05.1977, Az. 2 BVR 294/76, zu finden in BverfG 42,212 ff. und Beschluss vom 24.05.1977, Az. 2 BVR 279/90, zu finden in NJW 1992, 551 und LG Lüneburg, Beschluss vom 12.12.1983, Az. 12 Qs 8/83, zu finden in MDR 1984, 603)
Rechtsverstoß 5: Es ist rechtswidrig, wenn der Hausdurchsuchungsbefehl zu spät vollzogen wird. Die Rechtssprechung hat beispielsweise entschieden, dass ein Hausdurchsuchungsbefehl zu spät vollzogen wird, die Hausdurchsuchung also rechtswidrig ist, wenn er erst nach sieben Monaten vollzogen wurde, ohne dass neue Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Straftat vorliegen. (LG Zweibrücken, Beschluss vom 11.06.1990, Az. 1 Qs 105/90)
Die Rechtsprechung hat dagegen entschieden, dass ein Hausdurchsuchungsbefehl nach drei Monaten noch vollzogen werden darf. (LG Osnabrück, Beschluss vom 01.10.1986, Az. 22 Qs 101 c/86, zu finden in NStZ 1987, 522)
Rechtsverstoß 6: Es ist rechtswidrig, wenn der Hausdurchsuchungsbefehl in einer Wohnung vollzogen wird, die zwischenzeitlich nicht mehr vom Beschuldigten, sondern von einem Unbeteiligten bewohnt wird. (LG Wiesbaden, Urteil vom 31. 08. 1987, Az. 6 Js 188780/86§ 81 Ls (Ns), zu finden in Strafverteidiger 1988, 292 f)
Rechtsverstoß 7: Es ist rechtswidrig, wenn bei einer Hausdurchsuchung entgegen § 105 II StPO kein Richter, kein Staatsanwalt und keine Durchsuchungszeugen, also entweder ein Gemeinbeamter oder zwei Mitglieder der Gemeinde hinzugezogen werden. (OLG Karlsruhe, Beschluß vom 20. 09. 1990, Az, 2 VAs 1/90, zu finden in NstZ 1991, 50 ff.)
Rechtsverstoß 8: Es ist rechtswidrig, wenn die Polizei bei der Hausdurchsuchung Zufallsfunde entgegen § 108 StPO nicht zufällig finden, sondern systematisch nach Zufallsfunden sucht.
Die Rechtsprechung hat beispielsweise entschieden, dass eine solche systematische Suche nach Zufallsfunden vorliegt, die Beschlagnahme also rechtswidrig ist, wenn:
- im Rahmen eines Strafverfahrens wegen unerlaubten Waffenbesitzes nicht die Schußwaffe, dafür zahlreiche Schriftstücke gesucht und beschlagnahmt werden (KG, Beschluß vom 29. 05. 1985, Az. 2 AR 524/82 § 5 Ws 94/85, zu finden in Strafverteidiger 1985, 404 f)
- Im Rahmen eines Strafverfahrens wegen Steuerhinterziehung nicht nur die gesuchten Bankbelege eines bestimmten Jahres, sondern auch alle privaten Briefe, Sparbücher, Kontoauszüge usw. gesucht und beschlagnahmt werden (LG Bonn, Beschluß vom 01. 07. 1980, Az. 37 Qs 57/80, zu finden in NJW 1981, 292 ff.)
- Im Rahmen eines Strafverfahrens wegen Diebstahls von vier Vasen eine Vielzahl von anderen Gegenständen, vor allem schriftliche Unterlagen, gesucht und beschlagnahmt werden (LG Berlin, Beschluß vom 09. 05. 1983, Az. 512a/512 Qs 18/83, zu finden in Strafverteidiger 1987, 97 ff.)
Rechtsverstoß 9: Es ist rechtswidrig, wenn die Polizei entgegen §107 StPO nicht an Ort und Stelle der Hausdurchsuchung ein Verzeichnis der in Verwahrung genommenen Gegenstände anfertigt und dem Betroffenen sofort übergibt (OLG Stuttgart, Beschluß vom 26. 10. 1992, Az. 4 VAs 5/92, zu finden in Strafverteidiger 1993, 235 f)
Rechtsmittel gegen Hausdurchsuchung und Beschlagnahme
Die Rechtsmittel gegen rechtswidrige Hausdurchsuchungen und Beschlagnahmten sind vielfältig und überaus schwierig gestaltet. Die richtigen Rechtsmittel sind die folgenden:
1. Der Antrag auf richterliche Entscheidung gemäß § 98 II StPO ist das richtige Rechtsmittel gegen rechtswidrige Beschlagnahmen (z.B. Rechtsverstoß
. Der Antrag ist bei dem Amtsgericht, in dessen Bezirk Sie wohnen, einzulegen. Eine Frist ist hier nicht einzuhalten. Kosten entstehen nicht.
2. Die Beschwerde gemäß § 304 ff. StPO ist das richtige Rechtsmittel gegen alle rechtswidrigen Beschlüsse des Gerichts, also gegen willkürliche, unverhältnismäßig Hausdurchsuchungsbefehle des Richters unverhältnismäßige Hausdurchsuchungsbefehle des Richters (Rechtsverstoß 3) und ungenaue Hausdurchsuchungsbefehle des Richters (Rechtsverstoß 4) sowie gegen die richterliche Bestätigung einer Beschlagnahme (bei Rechtsverstoß
. Die Beschwerde ist bei dem Gericht einzulegen, das den Hausdurchsuchungsbefehl oder die Beschlagnahmebestätigung erlassen hat. Meist ist dies das Amtsgericht, in dessen Bezirk Sie wohnen. Eine Frist ist hier nicht enthalten. Kosten entstehen nicht.
3. Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung gemäß § 23 EGGVG ist das richtige Rechtsmittel gegen alle Rechtsverstöße, die die Art und Weise der Hausdurchsuchung betreffen (Rechtsverstoß 7 und 9). Der Antrag ist innerhalb eines Monats bei dem Oberlandesgericht einzulegen, in dessen Bezirk Sie wohnen. Es fallen Gerichtskosten an, die bis zu mehreren hundert Mark betragen können. Der Antrag ist nur nach Abschluß der Hausdurchsuchung zulässig (OLG Karlsruhe, Beschluß vom 28. 09. 1994, An. 2 VAs 12/94, zu finden in NStZ 1995, 48)
4. Die Verfassungsbeschwerde gemäß § 90 ff. BverfGG ist das richtige Rechtsmittel gegen alle ablehnenden Entscheidungen und Beschlüsse der Gerichte aufgrund Ihrer Beschwerde oder Ihrem Antrag auf gerichtliche Entscheidung. Die Verfassungsbeschwerde ist beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe einzulegen und zwar innerhalb eines Monats nach Zustellen des ablehnenden Beschlusses. Es fallen keine Gerichtskosten an.
5. Die Dienstaufsichtsbeschwerde ist das richtige Mittel gegen alle Rechtsverstöße. Sie ist bei dem Vorgesetzten der Beamten einzulegen, die die Hausdurchsuchung vorgenommen haben. Eine Frist ist hier nicht einzuhalten. Kosten entstehen nicht.
6. Strafanzeige wegen Hausfriedensbruch ist das richtige Mittel bei schwerwiegenden Rechtsverstößen. Sie ist bei der Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht einzulegen, in dessen Bezirk Sie wohnen. Eine Frist ist nicht einzuhalten. Kosten entstehen nicht. Das Erstatten einer Strafanzeige sollte aber sorgfältig überlegt werden, weil das wahrheitswidrige Erstatten einer Strafanzeige eine strafbare Verdächtigung gemäß § 164 StGB darstellt.
Bitte beachten Sie, dass die Rechtsmittel vom Gerichten nur dann inhaltlich, d.h. auf ihre Begründetheit hin, überprüft werden, wenn die Rechtsmittel zulässig sind. Dies ist bei Hausdurchsuchungen sehr schwierig geregelt. Zulässig sind Rechtsmittel gegen Hausdurchsuchungen und Beschlagnahmen nur,
- wenn entweder die Hausdurchsuchung noch nicht beendet ist; das ist nur dann der Fall, wenn die Papiere gemäß § 110 StPO noch nicht von der Staatsanwaltschaft durchgesehen wurden, dies ist ein eher seltener Fall (LG Karlsruhe, Beschluß vom 06. 07. 1979, Az. 3 VAs 4/79, zu finden in NJW 1979, 2527)
- oder wenn die Hausdurchsuchung zwar abgeschlossen ist, aber ein Feststellungsinteresse an der Einlegung des Rechtsmittels besteht. Die Rechtsprechung hat ein solches Feststellungsinteresse an der Einlegung des Rechtsmittels besteht. Die Rechtsprechung hat ein solches Feststellungsinteresse nur in seltenen Fällen bejaht, die Rechtsmittel waren auch trotz beendeter Hausdurchsuchung noch zulässig, wenn:
- entweder Wiederholungsgefahr bestand, z.B. wenn im Laufe eines Jahres gegen einen Betroffenen fünf Hausdurchsuchungen stattfanden (KG, Beschluß vom 08. 09. 1971, Az. 2 VAs 43/70, zu finden in NJW 1972, 169 ff)
- oder wenn ein schwerer, erheblicher Grundrechtseingriff in das Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung gemäß Art. 13 GG stattfanden (BverfG, Beschluß vom 23. 06. 1990, Az. 2 BVR 417/88, zu finden in NJW 1991, 690 f.)
- oder wenn die Hausdurchsuchung eine diskriminierende Wirkung durch Reaktionen Dritter gehabt hat (OLG Stuttgart, Beschluß vom 05. 05. 1977, Az. 4 VAs 234/76, zu finden in NJW 1977, 2276 f)
Bei der Verfassungsbeschwerde ist die Zulässigkeit dagegen immer – auch nach Beendigung der Hausdurchsuchung – gegeben, weil ein Grundrechtseingriff in Art. 13 GG vorliegt (BverfG, Beschluß vom 23. 06. 1990. Az. 2 BVR 417/88, zu finden in NJW 1991, 690 f)
Beachten Sie schließlich, dass ein Rechtsmittel nur dann Erfolg hat, wenn Sie Ihre Behauptungen auch beweisen können, z.B. durch die Vorlage von Schriftstücken, Fotos usw. oder durch die Benennung von Zeugen.
Beweisverwertungsverbot während des Strafverfahrens
Wenn Sie bei einer rechtswidrigen Hausdurchsuchung und rechtswidrigen Beschlagnahme keine Rechtsmittel eingelegt haben oder diese nicht erfolgreich waren, steht Ihnen als wichtigstes Mittel im Rahmen Ihres Strafverfahrens ein Beweisverwertungsverbot zu. Das heißt, dass die aufgrund von rechtswidrigen Hausdurchsuchungen oder Beschlagnahmen gewonnenen Beweismittel nicht gegen Sie verwandt werden dürfen und zu keiner Verurteilung führen können. Das Gericht muss vielmehr so tun, als seien diese Beweismittel nicht vorhanden.
Die Rechtsprechung hat ein Beweisverwertungsverbot bejaht.
- derartig gewonnene Beweismittel dürfen im Strafverfahren nicht zu einer Verurteilung führen – bei Hausdurchsuchungen
- ohne richterlichen Hausdurchsuchungsbefehl und ohne das Vorliegen von Gefahr im Verzug [Rechtsverstoß 2] (LG Osnabrück, Urteil vom 26. 11. 1990, Az. 13 Js 13349/90 KLs, zu finden Strafverteidiger 1991, 152 f und LG Darmstadt, Beschluß vom 12. 08. 1993, Az. 13 Qs 360/93, zu finden in Strafverteidiger 1993, 573 f)
- die unverhältnismäßige sind [Rechtsverstoß 3] (BverfG, Urteil vom 24. 05. 1977, Az. 2 BVR 988/75, zu finden im BverfG 44, 353. 373, 383 und Krekeler, NStZ 1993, 263, 265)
- ungenauem Hausdurchsuchungsbefehl [Rechtsverstoß 4] (Krekeler a.a.O.)